Es paßt gut in mein Langzeit-Leseprojekt »Centennarium Erster Weltkrieg«, anläßlich einer Konferenzteilnahme in Leuven / Louvaine / Löwen die hiesige Universtitätasbibliothek (als Institution bestehend seit 1636) zu besuchen.
Das kaiserliche Heer legte, nachdem bereits in Durchführung des Schlieffenplans die belgische Neutralität verletzt worden war, vorgeblich als Vergeltung für belgische Heckenschützen, auch noch die Stadt Leuven in Flammen. Vom 25. bis zum 28. August 1914 brannte die Stadt; 1.081 Gebäude brannten nieder, 248 Menschen starben. Völkerrechtsverletzung, Kriegsverbrechen und desaströse Auswirkungen auf die öffentliche Meinung standen gleich am Beginn eines Feldzugs mit katastrophalen Auswirkungen auf ganz Europa(s. dazu etwa Ernst Piper, Nacht über Europa). Britische Zeitungen bezeichneten die Aktion als „Holocaust“.
Die ganze Welt zeigte Solidarität mit Leuven, insbesondere amerikanische Universitäten unsterstützen die Wiedererrichtung der Bibliothek in einem neuen Gebäude, das innen eine moderne Bibliothek und außen ein Kriegsdenkmal sein sollte. 300.000 Bücher und viele mittelalterliche Handschriften waren zerstört worden. Nach Art. 247 des Versailler Vertrages war das Deutsche Reich zum Ersatz durch gleichartige Bestände verpflichtet.
Der Neubau durch den amerikanischen Architekten Whitney Warren wurde am 4. Juli 1928 eingeweiht, aber seinerseits am 16. Mai 1940 von der Wehrmacht durch Artilleriebeschuß erneut zerstört. Dieses Mal verbrannten 900.000 Bücher, die aus aller Welt gespendet worden waren. Die nach dem Zweiten Weltkrieg erbaute originalgetreue Rekonstruktion steht heute unter Denkmalschutz. Wer an der Europäischen Union zweifelt, findet hier neue Inspiration. Nationalismus, Haß und Wissenschaftsfeindlichkeit dürfen keine Optionen für uns Europäer mehr sein.
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