Das Eselchen Grisella

Heinrich Maria Denneborg, Das Eselchen Grisella, 1955, 74. bis 77. Tausend 1968, 142 Seiten, mit zahlreichen Schwarz-weiß-Illustrationen von Horst Lemke.

Lesegedächtnis

Meine Eltern gehen seit einiger Zeit daran, ihren Hausstand zu sichten und zu verkleinern. Davon sind natürlich frühere Spielsachen, Einrichtungsgegenstände und eben auch Bücher aus meiner Kinder- und Jugendzeit berührt. Vieles wurde in der Erwartung aufgehoben, ich könne es später einmal, für meine eigenen Kinder, brauchen. Das hat sich ja nun nicht so gefügt, und manches mag auch heute noch ein Kinderherz erfreuen und glücklich machen, wie es das einst bei mir tat. Und so wandern die Dinge in Kirchenbasare oder direkt zu jungen Eltern. Bei den Büchern bat ich, vorab einige auswählen und behalten zu dürfen. Und so saß ich im Advent vor Bücherkisten und begegnete meiner eigenen Vergangenheit als junger Leser. Manches hatte ich schlicht vergessen und gewann auch keine Erinnerung zurück, als ich Titel und Umschlag betrachtete. Anderes sprang mich mit Macht unmittelbar an, obwohl ich es nicht bewußt in meinem Lesegedächtnis gespeichert hatte. Tiergeschichten und Expeditionsromane hatte ich nicht mehr als geschätzte Leseerlebnisse präsent. Aufgrund der Vielzahl von entsprechenden Büchern aber müssen mich diese Themen damals sehr interessiert haben.

Das Eselchen Grisella | Foto: nw2017

Das Eselchen Grisella | Foto: nw2017

»Das Eselchen Grisella« gab mir mit dem gelben Pappeinband und der bunten Zeichnung darauf gleich in gutes Gefühl, so daß das Buch auf den kleinen Stapel der zu behaltenden Bücher wanderte. Mit ihm eröffne ich auch eine kleine Reihe, in der ich unregelmäßig mein #Lesegedächtnis auffrischen werde.

Heinrich Maria Denneborg (1909-1987) war Kinderbuchautor und Puppenspieler. Sein größter Erfolg war laut Wikipedia das 1957 veröffentlichte Kinderbuch »Jan und das Wildpferd«, das auch in meinem »Grisella«-Exemplar unter Erwähnung des Deutschen Jugendbuchpreises dezent beworben wird.

Inhalt und Stil

In sechsundzwanzig Kapiteln entfaltet Denneborg die Geschichte von dem Eselchen Grisella, das nicht nur ein wunderschönes Exemplar seiner Gattung, sondern auch klug und liebenswürdig ist und überdies sprechen kann, und dem Waisenjungen Tino, der das Tier geschenkt bekommt und gegen alle Widrigkeiten mit ihm zusammenbleibt. Nach allerlei Abenteuern und Reisen kehren die beiden auf die Insel Elba zurück, wo die Geschichte ihren Ausgang nahm.

Es ist kein Kinderbuch im eigentlichen Sinne, eher eines für herzensjunge Menschen. Der Duktus ist einfach im Sinne von schnörkellos, aber nicht schlicht. Der Wortschatz ist nicht reduziert (Abschiedsvorstellung, Akrobaten, betrübt, etc.). Klischees über Italien und Italiener kommen ebenso vor wie solche über englische Dienstboten. Früher nannte man so etwas „liebevoll“, heute dürfte es pädagogisch eher kritisch gesehen werden.

Aber insgesamt erzählt das Buch in angenehm altmodischer Weise eine Geschichte von Zusammenhalt und Treue, davon, daß man die richtigen Entscheidungen im Leben treffen muß, und daß man erreichen kann, was man sich vornimmt.

 

Siehe auch die neue Rubrik Buchsouvenir auf dem Blog Pyrolirium, in der Susanne ebenfalls Bucherinnerungen vorstellt.

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5 Antworten zu Das Eselchen Grisella

  1. Susanne schreibt:

    Lesegedächtnis ist eine sehr schöne Überschrift. Ich bin auch gerade dabei, Bücherschätze meiner Kindheit und Jugend wieder hervorzukramen und zu verbloggen. Vieles ist längst weg oder damals an eines meiner drei jüngeren Geschwister vererbt worden und deshalb nicht mehr in meinem Besitz. Aber die eine oder andere Perle konnte ich retten. Da hängt mein Herz so sehr dran, solche Bücher würde ich nie hergeben.

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