
Andreas Maier, Die Universität | Foto: nw2018
Andreas Maier, Die Universität. Roman, Berlin: Suhrkamp, 2018, 145 Seiten.
Ein Spontankauf, entdeckt beim Entlangstreichen an den Regalen der Buchhandlung ocelot, bei der Suche nach kürzeren Texten zeitgenössischer Autoren, angelockt durch den Titel auf dem Buchrücken, gefesselt durch die Kohlmeise auf dem Cover. Der Autor hat eine Reihe von Büchern mit ähnlich lakonischen Titeln veröffentlicht, ein weiteres davon – dicker – steht im Regal links daneben. Im Klappentext steht auch noch etwas von Adornos Witwe, also zögere ich nicht lange, nehme das Buch und lege es zuoberst auf den kleinen Stapel, mit dem ich die Buchhandlung am Ende verlasse.
Der Ich-Erzähler ist ein junger Mann, der aus der hessischen Provinz kommt und zum Studium nach Frankfurt zieht. Kleinere Episoden thematisieren dabei erlebte Herausforderungen und Veränderungen. Über weite Strecken bietet das Buch halbironische Selbstfindungs- und Betroffenheitsprosa in flüssigem, eingängigem Stil, so daß ich es schnell durchlesen konnte.
Andreas Maier hat seit dem Jahr 2000 vierzehn Bücher veröffentlicht, die überwiegend bei Suhrkamp erscheinen. Er wurde mit elf Literaturpreisen und mehreren Stipendien ausgezeichnet; Maier hatte außerdem drei Poetikdozenturen inne. Mehrere seiner Bücher sind in den Feuilletons von FAZ und SZ besprochen worden, eigentlich durchweg positiv. Pars pro toto sei Edo Reents zitiert, der den Erstlingsoman »Wäldchestag« im Jahr 2000 eine Provinzposse von ungewöhnlicher Dichte und sprachlicher Gestaltung nannte.
Meine abschließende Bewertung lobt die Milieuschilderungen, die trotz einiger klischeehafter Übertreibungen Ort, Stimmung und Zeitgeist treffend einfangen. Es ist in Sprache und Gestus ein typisch männlicher Coming-off-age-Roman und steht als solcher im Jahre 2018 per se unter einem gewissen Rechtfertigungsdruck. Warum also wurde er – jenseits kommerzieller Motive, die die schlechtesten nicht sein müssen – geschrieben und gedruckt? Hier nun könnte Adornos Witwe ins Spiel kommen. Diese Figur erfährt Hochachtung, obwohl oder gerade weil ihre Geschichte die des nicht selbstbestimmten Alterns ist. Doch die Episode bleibt unverbunden mit dem Rest des Texts, durchdringt diesen nicht und verschafft ihm somit keinen Mehrwert.
Der schmale Band ist Teil einer zwölfbändigen autobiographischen Reihe »Ortsumgehung«, in deren Mittelpunkt neben Maier selbst die Landschaft Wetterau steht. Die auf Perlentaucher verfügbaren Rezensionen loben u.a. die Kürze des Buches. Ob reduzierte Selbstbespiegelung einen Wert an sich darstellt, muß hier offenbleiben. Einen gewissen Reiz erkenne ich im genauen Erfassen der zeittypischen Stimmung und Befindlichkeit. Die Universität hat dabei freilich nur eine anekdotische Funktion.
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