Anthony Horowitz, Die Morde von Pye Hall, 2016, dt. 2018 (aus dem Englischen von Lutz-W. Wolff), Berlin: Insel Verlag, 604 Seiten. Der Autor versteht sein Handwerk, wie jeder Zuschauer der Inspector-Barnaby-Serie weiß, zu der er die Drehbücher schrieb. Und auch dies ist ein Krimi comme il faut!
Worum geht es?

Buchcover: Verlagswebseite
Wir haben es mit einem Buch im Buch zu tun, das heißt, die Lektorin liest das (unvollständige) Manuskript eines Krimis und muß am Ende den Autor suchen.
Das Manuskript spielt im England der 1950er Jahre und folgt den Regeln eines klassischen englischen Kriminalromans: viele Personen, die miteinander mehr oder weniger eng verbunden sind, in einem kleinen Dorf leben und alle die eine oder ander sprichwörtliche Leiche im Keller haben. Alles inklusive Pfarrer und Dorfärztin, Pub und Gutsherr, Unbehagen gegenüber Modernisierungen und Städtern, Haß, Gier, Fremdgehen und was es Menschliches noch gibt.
Im Genre des Kriminalromans von Agatha Christie sozialisiert, fühle ich mich sofort zu Hause, zumal der Detektiv eine Hommage an Hercule Poirot darstellt.
Nachdem der Detektiv seinem Vorbild entsprechend erklärt hat, er wisse natürlich längst, wer die Morde begangen habe, das läge doch klar auf der Hand – sein Gehilfe und der Inspektor tappen selbstverständlich noch im Dunkeln – bricht das Manuskript ab und läßt die Lektorin so irritiert zurück, daß sie zunächst eine Liste mit den Verdächtigen anlegt und aufschreibt, was sie über diese Personen weiß und von ihnen hält. Dabei mißt sie auch einzelnen, über den Text verstreuten Indizien Bedeutung zu, selbst wenn sie in den meisten Fällen nicht weiß, welche.
Wer ist der Mörder – whodunnit?
Danach beginnt der reale Krimi, denn der Autor des unvollständigen Manuskripts, Alan Conway, ist tot. Offenbar war es Selbstmord, doch warum? Und wo sind die fehlenden Kapitel des letzten Romans? Susan Ryeland findet sich unverhofft in der Ermittlerrolle wieder. Sie findet heraus, daß sich Conway einerseits stark an Agatha Christie anlehnte und sich andererseits von Menschen und Vorkommnissen in seinem eigenen Leben inspirieren ließ. Liegt der Schlüssel zu seinem Tod also in seinem letzten Roman? Spannend bis zur letzten Seite, mit vielen Verbindungen zwischen den Figuren, unzähligen Motiven und Gelegenheiten, den Mord begangen zu haben.
Die Auflösung ist kunstvoll inklusive Showdown – insgesamt also ein spannender und lesenswerter, gut geschriebener Kriminalroman.
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