Ich war zwei Wochen im März nach Tartu gefahren, um an der hiesigen Universität zu unterrichten und um die Austauschbeziehungen zwischen den beiden Fakultäten zu intensivieren.

Hauptgebäude der Universität Foto: nw2016
Außerdem bot sich mir die Gelegenheit, ein paar Recherchen zu betreiben, etwas an Texten zu arbeiten und natürlich auch, die Stadt kennenzulernen.
Die Universität geht auf Gustav II. Adolf zurück und nahm ihren Betrieb 1632 auf. 1710 endete die schwedische Herrschaft, Professoren und Studenten flohen nach Schweden; eine Neugründung der Universität im Russischen Reich erfolgte erst 1799 unter Zar Paul I., zunächst im lettischen Jelgava. Seit 1802 ist die Universität in Tartu, der nach der Hauptstadt Tallinn zweitgrößten Stadt Estlands.
Die Universität war durch viele ihrer Professoren eng mit Deutschland verbunden und erhielt ein liberales Statut, das sie an andere Universitäten, die damals im russischen Reich entstanden – Vilnius, Kasan und Kharkov – weitergeben konnte. Ende des 19. Jahrhunderts setzte eine merkliche Russifizierung der Universität und Abschottung von Mittel- und Westeuropa ein.
Während des Ersten Weltkriegs wurde die Universität vor den heranrückenden Deutschen nach Woronesch evakuiert, was nach der Unabhängigkeit Estlands zu Schwierigkeiten mit der Restitution führte. Nach dem Unabhängigkeitskrieg (1918-1920) wurde der Lehrbetrieb auf Estnisch organisiert – zunächst mit Professoren aus Finnland. 1940 wurde Estland von der Roten Armee besetzt und von der UdSSR annektiert, 1942 von der Wehrmacht besetzt, 1944 zog erneut die Rote Armee ein. In den Wirren der Kriegszeit wurde der Lehrbetrieb in vermindertem Umfang aufrechterhalten.
In der Sowjetunion konnte sich die Universität eine gewisse Eigenständigkeit bewahren; 80% der Vorlesungen wurden in estnischer Sprache abgehalten.
1952 feierten die sowjetischen Behörden den 150. Geburtstag der Universität, 1982 konnte wieder von den schwedischen Anfängen der Universität gesprochen und der 350. Geburtstag gefeiert werden. Manche Angehörige der Universität nahmen an beiden Feierlichkeiten teil und äußerten ihre Verwunderung, wie schnell doch zweihundert Jahre vergangen seien.
Heute studieren ca. 18.000 Studenten an der Universität, Englisch ist die zweite Unterrichts- und die erste Publikationssprache.
Nach einem Brand im Jahre 1775 wurde die Stadt unter Zarin Katharina II. im klassizistischen Stil neu erbaut. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wurde viel wiederhergestellt; eine behutsame Modernisierung erfolgte nach der Unabhängigkeit in der 1990er Jahren.
Auffällig ist die Streetart, von klein bis groß und plakativ.
Einen Besuch im Kunstmuseum habe ich natürlich auch gemacht; hier sind ein paar Eindrücke:
Sehr schön, besonders das schiefe Haus!
Pingback: Beiträge des Jahres 2016 | notizhefte