Im Herbst und Winter 2010 hatte ich „Salon Deutschland – Geist und Macht 1900-1945“ von Wolfgang Martynkewicz und danach die von Friedrich Rothe verfaßte Biographie von Harry Graf Kessler gelesen.
Beides sehr interessante Bücher, die auch die Modernisierung der damaligen Kunstauffassung und eine neue Ästhetisierung zum Gegenstand haben.
Vor kurzem schloß ich dann die Lektüre von Thomas Manns „Lotte in Weimar“ ab. Heute sah ich beim Besuch der hochgeschätzten Buchhandlung Felix Jud in Hamburg das Heft „Das Weimar des Harry Graf Kessler“, das in der Edition A-B-Fischer in der Reihe „Wegmarken“ erschienen ist. Das ist natürlich das Weimar des späteren Bauhauses und nicht mehr das der bei Mann evozierten Goethezeit, aber die Assoziationskette stand.
Ein kurzer Essay schildert die Bemühungen Kesslers, die Moderne in Weimar zu etablieren, seine Erfolge und das Unverständnis der Hofgesellschaft. Dies weckt übrigens Leseerinnerungen an Thomas Manns Roman „Königliche Hoheit“. Eine ansprechende Auswahl von Schwarzweiß-Fotos ergänzt den informativen Text.
Erwähnt wird der Name Hugo von Tschudi, der in Berlin gegen den Kunstgeschmack Kaiser Wilhelms II anarbeiten muß. Und zu Hause hole ich den Katalog der Ausstellung „Manet bis van Gogh – Hugo von Tschudi und der Kampf um die Moderne“, die 1996/97 in der Berliner Nationalgalerie gezeigt wurde, aus dem Regal. Darin finde ich einen Text von Thomas Föhl: „Ein Museum der Moderne – Harry Graf Kessler und das Neue Weimar“, der das Thema parallel, aber mit erkennbar anderem Zugriff und Duktus behandelt. Neben dem Ausstellungsmacher Kessler würdigen beide Texte den Buchproduzenten, der mit den Großherzog-Wilhelm-Ernst-Ausgaben und mit der Cranach-Presse Maßstäbe setzte.
Schöne Lese- und Bildungserlebnisse, fruchtbare Querverbindungen und Längsschnitte in der eigenen Bibliothek.
Interesting, I really like your post.
Ich machte vor zwei Jahren im Herbst in Weimar Urlaub; schade, dass ich deinen Beitrag damals noch nicht gelesen hatte.
Mit herzlichen Grüßen von der sonnigen Küste Nord Norfolks
Klausbernd und seine munteren Buchfeen Siri und Selma
Danke für den Zuspruch, Klausbernd!
Und Grüße zurück aus dem ebenfalls noch sonnigen Berlin
Norman
Kessler war ein unglaublicher Mensch. Die vorgestellte Biographie steht noch ungelesen bei mir im Regal, aber dieser Beitrag ist eine schöne Anregung, sie endlich mal zu lesen. Vor etlichen Jahren habe ich während des Studiums eine Arbeit über Kesslers Cranach-Presse geschrieben und konnte in der Deutschen Bücherei in Leipzig einige der Originalausgaben ansehen. Traumhaft!
Das kann ich mir vorstellen! In dem kleinen Bändchen wird das ja auch angesprochen und es klingt sehr verlockend.
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