Ich setze eine Reihe fort, die ich „Monatserster“ betitelt habe. Das Literarische Geburtstagsbuch aus dem Radius-Verlag, auf das an dieser Stelle jetzt schon traditionell Bezug genommen wird, erinnert an interessante Menschen:
Geburtstagskinder am 1. Mai sind
- Eberhard Nesle (1851)
- Marcel Prévost (1882)
- Ignazio Silone (1900)
- Joseph Heller
An einem 1. Mai sind gestorben
- David Livingstone (1873)
- Alfred George Stevens (1875)
- Antonin Dvořák (1904)
Zum Mai präsentiere ich das wunderschöne Montagedicht von Erich Kästner:
Der Mai
Im Galarock des heiteren Verschwenders,
ein Blumenzepter in der schmalen Hand,
fährt nun der Mai, der Mozart des Kalenders,
aus seiner Kutsche grüßend, über Land.
Es überblüht sich, er braucht nur zu winken.
Er winkt! Und rollt durch einen Farbenhain.
Blaumeisen flattern ihm voraus und Finken.
Und Pfauenaugen flügeln hinterdrein.
Die Apfelbäume hinterm Zaun erröten.
Die Birken machen einen grünen Knicks.
Die Drosseln spielen, auf ganz kleinen Flöten,
das Scherzo aus der Symphonie des Glücks.
Die Kutsche rollt durch atmende Pastelle.
Wir ziehn den Hut. Die Kutsche rollt vorbei.
Die Zeit versinkt in einer Fliederwelle.
O, gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai!
Melancholie und Freude sind wohl Schwestern.
Und aus den Zweigen fällt verblühter Schnee.
Mit jedem Pulsschlag wird aus Heute Gestern.
Auch Glück kann weh tun. Auch der Mai tut weh.
Er nickt uns zu und ruft: „Ich komm ja wieder!“
Aus Himmelblau wird langsam Abendgold.
Er grüßt die Hügel, und er winkt dem Flieder.
Er lächelt. Lächelt. Und die Kutsche rollt.
Zwischen der Walpurgisnacht und dem Tag der Arbeit muß man ja in Berlin vorsichtig sein. Es soll dann ja stets allerhand los sein. Ich bin an dem Termin selten dort, weil unsere Familie da traditionell einen doppelten Geburtstag feiert.
Mit dem Mai stellt sich jenes von Kästner so genial beschriebene Gefühl des Überschwangs ein, und löst sich mitunter auch rasch wieder auf. Die Kutsche rollt.