Wolfgang Windgassen (* 26. Juni 1914 in Annemasse [Frankreich]; † 8. September 1974 in Stuttgart) würde heute seinen hundertsten Geburtstag feiern. Er hat das Verständnis des Wagnergesangs nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt wie kein Zweiter. Mit seinen auf zahlreichen Aufnahmen festgehaltenen Rollenporträts war er der moderne Wagnertenor schlechthin: von 1951 bis 1970 trat er in fast allen Tenorpartien bei den Bayreuther Festspielen auf.
Jürgen Kesting nennt ihn für die 1950er Jahre den herausragenden Siegfried, für die 1960er den herausragenden Tristan und lobt dabei mehr den Darsteller als den Sänger. Denn Windgassen war ein moderner Typ des Heldentenors mit kleiner Stimme, entfernt von den Klangwogen eines Lauritz Melchior, aber eben eindringlich. Vor allem auf der Bühne konnte er überzeugen, die Aufnahmen lassen die Schwächen und Grenzen der Stimme ungeschützt hervortreten. Einen überzeugenden Nachfolger hat er freilich nicht gefunden.