Sidney Chambers ermittelt

James Runcie, Der Schatten des Todes. Sidney Chambers ermittelt, Atlantik Verlag, 2012, dt. 2016, 412 Seiten (plus 4 Seiten Anmerkungen)

Das Buch ist im Frühjahr 2016 erschienen, paßt als Kriminalroman aber auch wunderbar in den Herbst und  zu Assam mit britischem Gebäck. Mein Rezensionsexemplar habe ich im Oktober jetzt endlich schnell – und gerne – durchgelesen.

Die insgesamt sechs Kriminalgeschichten bieten eine unkomplizierte Wohlfühllektüre, man taucht sofort ein in das gute, alte England, hier konkret am Anfang der Regentschaft Elisabeths II. Der junge Pfarrer Sidney Chambers lebt und arbeitet in Grantchester in der Nähe von Cambridge, ist mit einem Polizeiinspektor befreundet und gerät eher zufällig auf die Kriminalistikschiene.

Die Fälle sind nach dem klassischen Whodunit-Konzept aufgebaut, die Figuren lebendig und sympathisch – aber auch ein wenig klischeehaft – geschildert, die jeweiligen Settings knapp, aber klar gezeichnet. Die verschiedenen Geschichten sind chronologisch aneinandergereiht und bewegen sich einem fortgeschriebenen Rahmen und Figurenensemble. Neben der jeweiligen Krimihandlung gibt es auch immer wieder kleinere Reflexionen über das Leben, das Lieben und das Lesen.

Lesen bedeutet, sich einen Vorteil gegenüber dem Leben und der Zeit zu verschaffen. (S. 193)

Es gibt die notwendigen humorvollen Passagen, den Pub und die für England übliche Prise Natur – es ist wie gesagt ein mundgerecht portioniertes Lesevergnügen. Echte Überraschung ob der Kriminalfälle und ihrer Lösung ist bei mir freilich nicht oft aufgekommen. Daß der Aktionsraum zwischen Pfarrhaus und Laienspielgruppe – gerade auch im Moralkorsett der 1950er Jahre – die eine oder andere Leiche hervorbringt, weiß der geneigte Leser seit langem.  Allerdings sorgt ein Ausflug nach London in die Halbwelt des Jazz für eine starke Kontrastwirkung zum idyllischen Landleben und zur pfarrhäuslichen Routine.

Er traf sich mit Amanda in der Moka Bar an der Frith Street, dann führte der Weg durch eine Reihe schmuddeliger Seitenstraßen, in denen Paare die Dunkelheit nutzten, um sich besser kennenzulernen. (S. 272f.)

Die Episode um den „verschwundenen Holbein“ war die ungewöhnlichste der sechs Geschichten und sah den Pfarrer kriminalistisch auch beinahe nur in einer Nebenrolle.

Insgesamt gibt es eine Leseempfehlung für diejenigen, die sich auf angenehme und unkomplizierte Unterhaltung freuen. Die Übersetzung von Renate Orth-Guttmann liest sich flüssig; der Tonfall der Zeit ist gut getroffen.

Der Verlag zitiert hier einige positive Pressestimmen mit Reklamecharakter.

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