
Annabel Wahba, Chamäleon, Roman, 286 Seiten, Eichborn Verlag.
Am Sterbebett eines ihrer Brüder erzählt die Autorin ihm die Geschichte ihrer Familie. Diese Konstellation ist berührend, zeigt sie doch – wie auch die Erzählung insgesamt – das gute und intensive Verhältnis der Familienmitglieder untereinander. Vor dem Hintergrund von Abschied und Sterben werden Erinnerungen an das Familienleben und an die gemeinsamen Erlebnisse geschildert.
1960 haben die Eltern, eine Bayerin und ein Ägypter, geheiratet. Nach einem kürzeren Aufenthalt in Ägypten lebt die sechsköpfige Familie seit 1968 in Deutschland.
Das Buch erzählt die Geschichte der deutschen Großeltern, ihre Situation als Katholiken im Nationalsozialismus, den Soldatentod im Krieg (Weißrußland 1941) und die Zeit nach dem Krieg. Dies liest sich insgesamt als typische deutsche Familiengeschichte. Sie weist allerdings zwei Besonderheiten auf: Die Mutter verbringt als junge Frau einige Zeit in den USA und sie heiratet einen ausländischen Studenten, einen Ägypter, mit dem und mit den dann drei gemeinsamen Kindern sie einige Jahre in Ägypten verbringt. Die Geschichte von dessen Familie und von seinem Weg nach Deutschland ergänzt die Darstellung. Dokumente und Fotos dienen ebenso als Grundlage wie Erinnerungen und Gespräche, die die Autorin mit den Familienmitgliedern zu unterschiedlichen Zeitpunkten geführt hat.
Das alles wird flüssig erzählt. Es gelingt der Autorin, die Innigkeit der Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern deutlich zu machen. Weder ist eine solche Innigkeit selbstverständlich, noch kann jeder Autor sie „rüberbringen“.
Ich weiß nicht, warum mich das Buch insgesamt nicht erreicht hat, nicht nicht emotional derart berühren konnte, wie dies mancher Rezension (z.B. Kulturbowle) zu entnehmen ist. Ob es der Bezug zu Tausendundeiner Nacht ist, den ich bemüht finde, ob es die schwarzen Haare sind, die als gelegentlicher Diskriminierungsgrund im ländlichen Bayern herhalten müssen – wer weiß? Die Cousine meines Vaters hat einen Medizinstudenten aus dem Iran geheiratet, der nach der Weißen Revolution des Schahs nicht in seine Heimat zurückkehren wollte. Die Thematik des Buches war also dem Grunde nach nicht sensationell neu für mich.
Mein Fazit: Das Buch ist solide und durchaus empfehlenswert, konnte mich persönlich allerdings nicht begeistern.
Ich bedanke mich beim Eichborn Verlag, der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat, das ich vom 10. bis zum 13. August gelesen habe. Auf meine Meinung und Rezension des Buches hatte dies keinen Einfluß.