Uwe Wittstock, Februar 33. Der Winter der Literatur, 2021, 288 Seiten.

Das Buch setzt am 28. Januar 1933 mit dem „letzten Tanz der Republik“ ein, der Tag an dem der Presseball in Berlin stattfindet. Journalisten, Schriftsteller, Verleger, Regisseure und Schauspieler kommen zusammen und spüren, daß sich etwas zusammenbraut. Am 15. März endet die Erzählung, aber natürlich nicht die ganze, schlimme Geschichte. Doch der Terror hat längst Gestalt angenommen und ist von der Straße in die Amtsstuben gewechselt.
Wittstock fügt präzise beobachtete Vignetten zu einem eindringlichen Gesamtbild zusammen, die Unterschiedlichkeit von Reaktionen und Fallhöhen paßt nur zu gut zur Vielfältigkeit der Weimarer Kultur, die aber umgekehrt insgesamt als Asphaltkultur von Rechts verunglimpft und von den neuen Machthabern ohne Zögern und mit großer Brutalität angegangen wird.
Fünfunddreißig Kapitel fangen die Zeitstimmung überzeugend ein, übersetzen originale Zeitdokumente in eine flüssige Erzählung.
Für die Zerstörung der Demokratie brauchten die Antidemokraten nicht länger als die Dauer eines guten Jahresurlaubs. (S. 273)
Exil, Widerstand, KZ, Karriere im NS-Staat – Es gibt mehrere Optionen und viele Schattierungen für die nächsten Jahre. Wittstock begleitet die Frauen und Männer, die im Mittelpunkt der Darstellung stehen, zwar nur sechs Wochen intensiv, aber er fügt am Ende des Buches kurze Abrisse über ihr weiteres Leben an.
Eine erschütternde und überaus lohnende Lektüre gleichermaßen. Man bekommt eine Ahnung, wie das passieren konnte, und fragt sich auch bang, ob es wieder passieren könnte. Ein sehr gutes, ein wichtiges Buch.
Vielen Dank für die großartige Rezension von „Februar 33“. Ich freue mich sehr. Uwe Wittstock