Dorothy Whipple, Der französische Gast, Roman, 1953, dt. 2021 (aus dem Englischen von Silvia Morawetz), 445 Seiten.

Ein Roman über die Kraft von Mißgunst und Selbstsucht auf der einen und über die Anfälligkeit von Familienstrukturen auf der anderen Seite. Eine noch junge Französin wird verzehrt von Enttäuschung über die Aussichten in einem Provinzstädtchen – sie haßt ihren früheren Liebhaber, verachtet ihre Eltern und schreckt vor der Ehe mit dem langweiligen Apotheker zurück. Dankbar ergreift sie die Gelegenheit, als Gesellschafterin einer älteren Dame nach England zu gehen. Dort trifft sie nicht nur auf die alte Mrs. North, sondern auf deren Sohn und seine Familie.
Avery und Ellen sind mit ihren zwei Kindern eine englische Vorzeigefamilie, die aus der Konfrontation mit der berechnenden Louise beschädigt hervorgeht. Averys Unfähigkeit, zwischen seinen Hormonen und seinen Gefühlen zu unterscheiden, befördert die dramatische Entwicklung.
Der Roman erschien 1953 als letztes Buch der Autorin und wurde nun von Silvia Morawetz erstmals ins Deutsche übertragen. Er ist flüssig geschrieben und erfreulich konventionell erzählt – eine unterhaltsame Lektüre, die in die Welt der Nachkriegszeit führt und deutlich macht, wie störanfällig die Balance zwischenmenschlicher Beziehungen ist.