Espresso mit Archimedes

Stefan Buijsman, Espresso mit Archimedes. Unglaubliche Geschichten aus der Welt der Mathematik, 2018, dt. 2019 (aus dem Niederländischen von Bärbel Jänicke), 219 Seiten.

Stefan Buijsman, Espresso mit Archimedes | Foto: nw2020

Am Anfang stand die Anregung aus einem Bocktube-Video, wieder einmal ein naturwissenschaftliches Buch zu lesen. Sie führte mich zum Kauf und der anschließenden Lektüre dieses Buches.

Ich hatte mich in der Oberstufe für Mathematik als einen meiner Leistungskurse entschieden, weil ich in der Mittelstufe gut in Mathematik gewesen war. Das erwies sich als recht leichtfertig, denn ich mußte viel lernen und üben, um eine Zwei zu bekommen. Insofern erschien mir der Griff zu diesem Buch einerseits wagemutig und andererseits in gewisser Weise auch notwendig.

Der Autor ist ein junger Forscher, der an der Universität Stockholm tätig ist und sich mit der Philosophie der Mathematik beschäftigt. Das Buch unternimmt es, den Lesern zu erklären, warum Mathematik notwendig ist und wozu sie dient. Das gelingt nach meinem Eindruck gut. Zwar gelte:

Man kann sehr gut ohne Zahlen leben. (S. 49)

Aber möglich ist dies, wie er darlegt, nur in kleineren, wenig komplexen Gesellschaften. Die Verwaltung von Städten und größeren gesellschaftlichen Verbänden läßt sich mit Mathematik einfacher bewältigen. Buijsman zeigt dies am Beispiel verschiedener Hochkulturen.

Mathematik simplifiziert die Wirklichkeit (S. 203)

Herausragend ist aber auch die Bedeutung der Mathematik für die Physik. Die Erklärung lebensweltlicher Phänomene durch „schöne“ mathematische Modelle überzeuge häufig und sei in der Gegenwart durch genauere Meßtechniken oder präzisere Computerberechnungen oftmals bestätigt worden.

Das Buch erläutert den praktischen Nutzen von Integral- und Differentialrechnung, stellt die Graphentheorie vor: die „allgemeine Lehre der Netzwerke und ihrer Eigenschaften“ (S. 202). Daß Leonhard Euler 1736 intuitiv damit arbeitete, um eine Rätselaufgabe aus dem Stadtplan Königsbergs zu lösen, hat den anekdotischen Charme, mit dem der Autor häufig arbeitet. Im Computerzeitalter und angesichts des Internets ist die Netzwerklehre essentiell. Als klassisch mathematische Herangehensweise ohne ethische Dimension gerät sie jedoch auch an ihre Grenzen, wie Buijsman am Beispiel der Blasenbildung erläutert (S. 193f.)

Im bilanzierenden Schlußkapitel faßt er noch einmal den Nutzen der Mathematik im Alltag zusammen, der sich auch dann erweist, wenn man selbst nichts berechnet.

Insgesamt hat es das Buch vermocht, mir Denkansätze näher zu bringen, um die Bedeutung von Mathematik zu erfassen, ohne tatsächlich etwas berechnen zu müssen. Insofern ist der Vergleich mit der Politik, über die man ja auch etwas lernen müsse, um sich zurechtzufinden, auch wenn man nicht selbst politisch tätig ist (S. 206ff.), durchaus überzeugend.

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